Testament anfechten: Wann ist der letzte Wille unwirksam?

Von Jana O.

Letzte Aktualisierung am: 25. Februar 2024

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

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Testament anfechten: Wann ist der letzte Wille unwirksam?

FAQ: Testament anfechten

Kann man ein Testament anfechten?

Ja. In Deutschland ist es grundsätzlich möglich, dass Sie ein Testament anfechten.

Wer kann das Testament anfechten?

Ein Testament kann laut § 2080 BGB jeder anfechten, dem die Aufhebung des Testaments unmittelbar zugute käme.

Aus welchen Gründen kann ich ein Testament anfechten?

Sie können ein Testament zum Beispiel anfechten, wenn dieses nicht die formalen Vorgaben erfüllt. Hier lesen Sie mehr dazu.

Allen rechtsfähigen Personen ist es laut Erbrecht möglich, im Rahmen eines Testaments die Erbfolge selbst zu bestimmen, Vermächtnisnehmer zu benennen und einzelne Angehörige zu enterben.

Vor allem dann, wenn mehrere Erbberechtigte in einer Erbengemeinschaft zusammentreten, sind jedoch häufig Differenzen zu befürchten. Nicht alle sind mit der Einsetzung des einen oder anderen Erben durch den Erblasser einverstanden.

Doch kann man ein Testament eigentlich auch anfechten? Gibt es Unterschiede bei handschriftlicher und notarieller Verfügung? Und welche Anfechtungsgründe können ein Testament unwirksam machen?

Kann man ein notarielles oder handschriftliches Testament anfechten?

Wann kann man ein Testament anfechten?
Wann kann man ein Testament anfechten?

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) bestimmt in unterschiedlichen Paragraphen, dass ein Testament grundsätzlich auch anfechtbar ist.

Die Testamentsanfechtung kann jedoch nicht beliebig angestrebt werden, wenn sich einer der Betroffenen aufgrund der vom Erblasser getroffenen Entscheidungen im Nachteil sieht.

Es bedarf weit mehr als nur subjektiver Empfindungen, wenn Berechtigte ein Testament anfechten wollen.

Anfechtungsgründe: Wann ist ein Testament anfechtbar?

Die Gründe, die die Anfechtung eines Testaments möglich machen, sind vielfältig. Zu unterscheiden ist dabei zwischen formalen sowie inhaltlichen Aspekten und den Umständen des Zustandekommens der jeweiligen letztwilligen Verfügung.

Testament anfechten wegen Formunwirksamkeit

Erbrecht: Ein Testament anfechten können Sie aus unterschiedlichen Gründen.
Erbrecht: Ein Testament anfechten können Sie aus unterschiedlichen Gründen.

Letztwillige Verfügungen müssen laut Erbrecht bestimmten formalen Vorgaben genügen, um überhaupt Wirksamkeit zu erlangen. Grundsätzlich sind zwei Formen möglich: zum einen das notarielle Testament, zum anderen das privatschriftliche.

Letzteres ist auch ohne die notarielle Beurkundung wirksam, muss jedoch komplett handschriftlich vom Erblasser errichtet sowie unterzeichnet werden.

Beim sogenannten Berliner Testament können die Ehegatten gemeinsam ein Testament errichten. Es handelt sich hierbei um eine Sonderform des eigenhändigen Testaments: Einer der Ehegatten schreibt das gemeinsame Testament handschriftlich nieder, beide Ehegatten unterzeichnen es unter Beifügung von Ort und Datum der Unterzeichnung.

Hieraus ergäbe sich etwa, dass Sie ein handgeschriebenes oder Berliner Testament dann anfechten können, wenn dieses nicht vom Erblasser selbst geschrieben wurde oder aber die Unterschrift, Ort- oder Zeitangaben fehlen. Besteht hinsichtlich der Echtheit des privatschriftlichen Testaments ein Zweifel, muss in der Regel ein Schriftsachverständiger hinzugezogen werden.

Abgetippte Testamente bedürfen darüber hinaus in jedem Fall der notariellen Beurkundung. Fehlt diese, ist das Schriftstück ebenfalls aufgrund seiner Form unwirksam – die Anfechtung ist möglich.

Testamentsanfechtung auf Grundlage der Umstände seiner Errichtung

Auch die Umstände der Errichtung können dazu führen, dass Sie ein Testament anfechten können. Wesentlich zu nennen sind hier folgende mögliche Anfechtungsgründe:

Testament anfechten wegen Demenz des Erblassers? Das ist nicht in jedem Fall möglich.
Testament anfechten wegen Demenz des Erblassers? Das ist nicht in jedem Fall möglich.
  1. Testierunfähigkeit des Erblassers: Die Errichtung einer letztwilligen Verfügung setzt die Testierfähigkeit des Unterzeichnenden voraus. Der Testator muss in der Lage sein, selbstständig zu handeln, eigenverantwortlich zu entscheiden und die Tragweite seines Handelns vollumfänglich zu begreifen. Ist die Urteilsfähigkeit des Erblassers während der Aufsetzung eines Testaments stark eingetrübt, kann Testierunfähigkeit bescheinigt werden. Die Testamentsanfechtung wegen Testierunfähigkeit kann etwa bei Demenz, starken Depressionen, Psychosen oder Manien auf Seiten des Erblassers möglich sein.
  2. Drohung: Sie können ein Testament auch anfechten, wenn der Erblasser zu dessen Errichtung durch aktive oder passive Bedrohung gedrängt wurde. Es ist dabei unerheblich, ob der Drohende selbst aus dem so beeinflussten Testament profitiert oder ein Dritter. In diesem Fall kann sogar Erbunwürdigkeit vorliegen.
  3. Motivirrtum: Die Anfechtung von einem Testament kann auch dann begründet sein, wenn der Erblasser hinsichtlich des Inhalts oder der Umstände der Testamentserrichtung irrte. Geprüft werden müsste in diesem Fall, welche Erwartungen der Testator im Einzelfall an die Bestimmungen knüpfte.
  4. Irrtum über Inhalt der Erklärung: Der Testator kann sich auch bezüglich des Inhalts seiner errichteten Verfügung irren. Gemeint sind hier keine Rechtsfolgenirrtümer, sondern zunächst etwa Formulierungsfehler.
  5. Bindungswirkung an frühere Testamente: Anfechten können Sie eine Verfügung auch, wenn die testierten Inhalte früher errichteten Testamenten (z. B. einem Ehegattentestament) widersprechen.
  6. Scheidung vom Ehegatten: Mit Rechtshängigkeit der Scheidung verfällt das Ehegattenerbrecht auch dann, wenn der Partner in einem Testament als Erbe eingesetzt wurde.
Können Sie ein Testament anfechten wegen der Demenz des Erblassers? Im Allgemeinen bestimmt eine Demenzerkrankung des Testators zum Zeitpunkt der Errichtung seiner letztwilligen Verfügung nicht automatisch und in jedem Fall auch Testierunfähigkeit. Ausschlaggebend ist der Grad der jeweiligen Erkrankung und damit einhergehenden Bewusstseinstrübungen. In den Anfangsphasen von Alzheimer-Krankheit & Co. ist die Vernunftbegabung des Betroffenen nicht immer schon maßgeblich beeinträchtigt. Ein ärztliches Gutachten muss im Zweifel über die Testierfähigkeit des Erblassers entscheiden.

Testament anfechten aufgrund inhaltlicher Fehler

Die Testamentsanfechtung kann z. B. erfolgen, wenn ein Minderjähriger ein eigenhändiges Testament verfasst hat.
Die Testamentsanfechtung kann z. B. erfolgen, wenn ein Minderjähriger ein eigenhändiges Testament verfasst hat.

Darüber hinaus sind auch zahlreiche inhaltliche Aspekte bei der Errichtung von einem Testament von Bedeutung. Zwar besteht eine weitgehende Testierfreiheit, doch sind einzelne gesetzliche Vorgaben zu berücksichtigen. Inhaltliche Anfechtungsgründe sind etwa gegeben, wenn

  • einzelne Inhalte gegen gesetzliche Verbote verstoßen (z. B. bei Bestimmungen, die strafrechtlichen Normen widersprechen).
  • Sittenwidrigkeit vorliegt (z. B. bei Eingreifen in höchstpersönliche Lebensbereiche der Begünstigten).
  • ein Pflichtteilsberechtigter übergangen wurde, der zum Zeitpunkt der Errichtung noch nicht bekannt war oder noch nicht lebte.

Es genügt im Allgemeinen nicht aus, dass sich ein Erbe aus subjektiver Sicht stark benachteiligt fühlt.

Wer kann ein Testament anfechten?

Anfechtungsberechtigt sind nach § 2080 BGB all jene, denen die Aufhebung des Testaments unmittelbar zugute käme. Wurde ein Pflichtteilsberechtigter übergangen, so darf nur dieser das Testament anfechten. Der Berechtigte muss in diesem Falle eine Erklärung gegenüber dem zuständigen Nachlassgericht abgeben, in der die jeweiligen Anfechtungsgründe dargestellt sind (§ 2081 BGB).

Solange die Testamentsanfechtung läuft, kann jedoch kein Erbschein erlassen werden, da die Nachlasssache in dem Erbfall noch nicht abschließend geregelt ist. Wurde zwischenzeitlich ein Erbschein ausgestellt, kann dieser im Zweifel bei erfolgreicher Anfechtung unwirksam werden. Die bereits aus der Erbschaft genommenen Vermögenswerte müssen ggf. zurückgegeben werden.

Die für die Testamentsanfechtung entstehenden Kosten sind vergleichsweise gering. Nach dem Kostenverzeichnis im Gerichts- und Notarkostengesetz (KV GNotKG) entsteht für die Entgegennahme der Anfechtungserklärung eine Gebühr von 15 Euro (Nr. 12410 KV GNotKG). Wollen Sie ein Testament anfechten, sind zusätzliche Kosten ggf. für die notarielle Beurkundung der Erklärung aufzubringen (mindestens 30 Euro; Nr. 21201 KV GNotKG).

Will der Erblasser selbst gegen das von ihm errichtete Testament vorgehen, kann er es widerrufen. Dieser Vorgang ist besonders bei Ehegattentestamenten sehr komplex. Betroffene sollten sich dringend an einen Anwalt für Erbrecht wenden, um sich umfassend beraten zu lassen.

Welche Anfechtungsfrist gilt beim Testament?

Testament anfechten, weil der Pflichtteil nicht berücksichtigt wurde? Beachten Sie die Jahresfrist.
Testament anfechten, weil der Pflichtteil nicht berücksichtigt wurde? Beachten Sie die Jahresfrist.

Wie überall im Erbrecht gilt auch für die bei einem Testament angestrebte Anfechtung eine feste Frist. Diese beträgt nach § 2082 BGB regelmäßig ein Jahr. Sie beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem der Anfechtungsberechtigte von dem jeweiligen Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hatte.

Wird der Betroffene durch Drohung von der Testamentsanfechtung abgehalten, beginnt die Frist frühestens mit Beendigung der Zwangslage.

Wollen Sie ein Testament anfechten? Die Chancen in Ihrem jeweiligen Einzelfall kann ein Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Erbrecht realistisch einschätzen. Wenden Sie sich an einen solchen für eine Bewertung des vorliegenden Einzelfalls. Er kann Sie ggf. auch im Anfechtungsverfahren tatkräftig unterstützen.
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Über den Autor

Jana
Jana O.

Jana ist seit 2015 Bestandteil des Redaktionsteams von anwalt.org. Sie studierte Ger­manis­tik, Philosophie und Englischen Literatur­wissenschaften an der Universität Greifswald. Ihr thematischer Fokus liegt insbesondere auf den Bereichen Familienrecht, Erbrecht, Strafrecht und Datenschutz.

11 Gedanken zu „Testament anfechten: Wann ist der letzte Wille unwirksam?

  1. Susanne

    Wird man als Erbe übergangen: Völlig ok.
    Wird man aber unter einem ganzen Haufen eigentlich Gleichberechtigter als einziger als Vorerbe unter dauernder Testamentsvollstreckung eingesetzt wird, damit man auch weiß. wo sein Platz und wie gering doch sein Wert ist, dazu nochmal mindestens einmal im Jahr in Form eines Kontoauszugs gezeigt bekommt, was einem zwar ein paar Sorgen nehmen könnte, aber nie gehören wird sondern denen, die sowas in der Portokasse haben, dann ist das NICHT ok. Absolut nicht.
    Aber faszinierend, dass jemand ein Pamphlet aus der Hölle verfasst und tatsächlich einen sechsstelligen Betrag vergammeln lässt, um jemandem noch aus dem Grab heraus so richtig zu demütigen und „bis zu dessen Ableben“ zu quälen.
    Ich kann mir absolut nicht vorstellen, daß diese völlige Missachtung einer rudimentären Äquivalenz (und eines Anflugs von Menschlichkeit) tatsächlich dem entspricht, was man unter „guten Sitten“ versteht.
    Aber was versteh ich schon davon, so als Laie.
    Vielleicht kann mich ja ein Profi illuminieren.

  2. Jan

    Gut zu wissen, dass die Frist frühestens mit Beendigung der Zwangslage beginnt, wenn der Betroffene durch Drohung von der Testamentsanfechtung abgehalten wird. Ich möchte das Testament meiner Mutter anfechten. Ich hoffe sehr, dass mir dabei ein guter Anwalt für das Erbrecht weiterhelfen kann.

  3. Maria S

    Gut zu wissen, dass ein ärztliches Gutachten im Zweifel über die Testierfähigkeit des Erblassers entscheiden muss. In meiner Familie gab es vor kurzer Zeit erst einen Todesfall. Ich möchte aufgrund einer Unstimmigkeit ebenfalls das Testament anfechten. Hoffentlich finde ich die Tage den richtigen Anwalt für Erbrecht.

  4. Kira N.

    Vielen Dank für diesen Beitrag zum Thema Testament anfechten. Gut zu wissen, dass abgetippte Testamente notarieller Beurkundung bedürfen. Ich möchte mein Testament aufsetzen und wolte mich daher hierzu informieren.

  5. Sylvia

    Unsere Mutter hat in ihrem Handschriftlichem Testament meinen Bruder als Alleinerben eingesetzt und wir 3 Schwestern sind nicht erwähnt. Das Testament wurde 8 Monate vor ihrer Stufe 4 Krebsdoagnose geschrieben. Mein Bruder hatte meine Mutter zu ihrem Geburtstag und Muttertag besucht und dazu beeinflusst und überredet. Er hat mir gesagt das ich und meine Schwestern viel Geld durch unsere Ehen haben was nicht stimmt und er nur vermutet.
    Zählt starke Beeinflussung als Grund zur Anfechtung? War meine Mutter zu dem Zeitpunkt in der Lage frei zu entscheiden wegen ihrer krebskrankheit?

  6. Lisbeth

    Gut zu wissen, dass es allen rechtsfähigen Personen laut Erbrecht möglich ist, im Rahmen eines Testaments die Erbfolge selbst zu bestimmen. Bisher kenne ich es nur aus Filmen, dass dort bestimmte Personen vom Erbe ausgeschlossen wurden. Allerdings wird das wohl auch in meiner Familie so laufen.

  7. manfred

    ich habe versucht den Erbschein meines verstorbenen vaters kaltstellen zu lassen und habe eine bittere Niederlage hinnehmen muessen. Die Willenserklaerung im handschriftlichen Testament wurde nicht gesehen. Bitte um Hilfe kaempfe seit 5Jahren vergebens.

  8. Peter

    Der Vater meines Freundes ist gestorben und jetzt gibt es streit um das Erbe. Es ist gut zu wissen das man ein Testament anfechten kann, wenn der Erblasser unfähig war. Ich werde meinem Freund raten sich einen Rechtsanwalt für Erbrecht zur Seite zu ziehen.

  9. Katherine

    Da meine Oma gerne mehr zum Thema Testamenten wissen wollte und sie den PC nicht bedienen kann, bin ich echt froh, dass ich diesen Artikel gefunden habe. Sie plant alles, also sie hat schon ein Testament schreiben lassen, aber sie möchte jetzt ein paar Sachen ändern, also das ist gut zu wissen, dass man einfach mit dem Anwalt sprechen kann, um das zu machen. Die Informationen werden meine Oma interessieren. Jetzt wo ich das alles lese, bin ich auch interessiert.

  10. Georg R.

    Ich und meine Geschwister stehen gerade vor der schwierigen Aufgabe uns mit dem Erbe unserer Tante auseinanderzusetzen. Da wir alle sehr eng aufwuchsen, ist uns allen eigentlich wichtig, dass wir ihre letzten Wünsche erfüllen. Jedoch sind manche der Bedingungen sehr privater Natur und würde viel vom Beerbten abverlangen. Durch Ihren Artikel scheint es jetzt aber eine Möglichkeit zu sein, das Testament aufgrund von Sittenwidrigkeit anzufechten. Eine schwierige Wahl aber vielleicht die fairste.

  11. Manfred W

    Hilfreich geschrieben und sollte betroffenen eine gute Hilfestellung sein.

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